Vier Tage Dresden im Herbst 2012

Samstag, 1. September: Der Historiker Albrecht Hoch, unser Dresden-Experte, empfing uns nach der Reise im Nachtzug schon morgens im Hauptbahnhof von Dresden, den Norman Foster so genial modernisiert hat, und be­gleitete uns von da an kundig. Auf der Fahrt über die Marien- und Augustusbrücken erlebten wir zum ersten Mal die klassische Silhouette der Stadt, den Canalettoblick, mit den Elbwiesen, dahinter die Hofkirche und die Kuppel der Frauenkirche plus „Zitronenpresse“. Ein ausgiebiges Zmorge im gemütlichen Café Toscana am „Blauen Wunder“ stärkte uns für den Spaziergang durch das alte Zentrum, wohin uns der Bus durch gut erhaltene Villen- und Gründerzeitviertel brachte.

Blick zur Frauenkirche von der Elbe aus

Die Frauenkirche des George Bähr (1666-1738), zerstört mit der Altstadt Dresdens am 13. Februar 1945, wurde in 10-jähriger Arbeit mit internationaler Unterstützung wieder aufgebaut und 2004 vollendet; auch ihre Umgebung, der Neumarkt, erhält nun suk­zes­sive seine historischen Umrisse zurück. Wir spazierten am Fürstenzug aus unzähligen Meis­sener Porzellankacheln vorbei, wo ein Vorfahre unseres guten Herrn Hoch ebenfalls zu sehen ist. – Neben dem Residenzschloss aus der Renaissance bewunderten wir die barocke Hofkirche (1739-1754), einen Bau des Italieners Gaetano Chiaveri, mit ih­rem filigranen Turm, die wie ein katholischer Überseedampfer in dieser protestantischen Stadt angelegt hat. Die polnische Königskrone war dem ursprünglich protestantischen Wet­tiner Kurfürsten August dem Starken (Regierungszeit 1694-1733) mehr als eine Messe wert gewesen! Zu seiner und des Hofes Unterhaltung hatte er ausserdem von Matthäus Daniel Pöppelmann (1662-1736) in Zusammenarbeit mit dem genialen Bildhauer Balthasar Permoser (1651-1732) ab 1709 den Zwinger anlegen lassen: beschwingte Festarchitektur und Gesamtkunstwerk. Danach genossen wir einen Mittagsimbiss im Innenhof des luxuriösen Taschenbergpalais.

Unser Hotel Marthahospiz in der Neustadt nahm uns gastfreundlich in Empfang – bis es später wieder zurück zur Stadt in das Historische Grüne Gewölbe ging. Kaum zu fassen die Pracht dieser Wunderkammer der Wettiner. Wahrlich, viele Wunder auf einmal! Vorgezeigt von einer in jeder Hinsicht adäquaten Führerin. Ein wohlschmeckendes Mahl im Palais Cosel beschloss den Tag.

Sonntag, 2. September:  Heute widmeten wir uns der Neustadt, zuerst auf einem Spaziergang mit  Albrecht Hoch zu den Barockpalais an der Königsstrasse und durch manche ihrer Hinterhöfe, dann bei einem Besuch des militärhistorischen Museums in der Albrechtstadt. Der alte Bau aus dem 19. Jahrhundert wurde durch einen Keil von Libeskind verfremdet und erweitert – ein überaus gelungenes Stück moderner Architektur. Mindestens ebenso überraschend und überwältigend war die Dauerausstellung des Museums, in die uns der Historiker Dr. Gorch Pieken, auf den die ganze Konzeption zurückgeht, einführte. Besonders berührte auch der Einbezug von Werken zeitgenössischer Künstler, die sich mit dem Thema des Krieges auf unterschiedlichste Weise auseinandergesetzt haben.

Nachmittags genossen wir in der Frauenkirche mit einem von Trompeter Ludwig Güttler geleiteten Barockorchester ein Konzert, dessen Klänge mit dem wiederhergestellten Bau in vollendeter Übereinstimmung waren. Danach wurde das nahe gelegene, neu gestaltete Albertinum, das frühere Zeughaus, besucht, durch dessen reichhaltige Gemäldesammlungen des 19. undd 20. Jahrhunderts uns Claudia Hoch kenntnisreich und engagiert zu führen wusste. Ein weiterer gemütlicher Abend in der Kurfürstenschenke rundete den Tag ab.

Blick von der Bastei auf die Elbe

Montag, 3. September: Bei sonnigem Wetter machten wir uns auf in die Sächsische Schweiz. Angekommen bei der „Bastei“ fanden wir auf geheimen Waldpfaden zu einem umwerfenden Aussichtspunkt in dieser idyllisch-bizarren Felslandschaft aus Sandsteinfelsen und Tafelbergen. Tief unter uns zog sich das silberne Band der Elbe dahin. Die Schweizer Maler Adrian Zingg und Anton Graff im 18. Jahrhundert waren unter den Ersten, die der Romantik dieser Landschaft erlagen. – Weiter ging’s nach dem Sommerschloss Augusts des Starken, Pillnitz, mit seinem herrlichen Park, den bunten Chinoiserien, dem Gondelhafen, nicht zu vergessen die über 200 Jahre alte Kamelie. Der Zauber der ganzen Anlage war unbeschreiblich.– Auf einem voll besetzten Raddampfer gelangten wir nach Blasewitz und von dort in die Villa Rosenhof am rechten Elbhang zum blumengeschmückten Wohnzimmer von Frau Hoch, die uns mit einer liebevoll mit Meissner Porzellan vorbereiteten Kaffeetafel und köstlichem selbstgebackenem Kuchen verwöhnte. Im Gespräch mit der lebensklugen Pfarrersfrau bekamen wir bewegende Einblicke in die Umstände, unter welchen man sich je nachdem in den Jahren der DDR zurecht finden musste.

Ein überwältigendes Finale dieses Tages bot das abendliche Konzert in der Semperoper unter dem Einstandsdirigat des neuen Chefdirigenten Christian Thielemann. Wir hörten Lieder von Hugo Wolf, gesungen von der Sopranistin Renée Fleming aus New York und Bruckners 7. Symphonie – wobei der Pausenapéro mit Sekt und Häppchen im reich geschmückten Foyer noch einen speziellen Akzent zu setzen vermochte.

Dienstag, 4. September: Heute standen Moritzburg und Meissen auf dem Programm. Dem Renaissance-Jagdschloss, das August der Starke von 1722-27 durch Pöppelmann modernisieren liess, näherten wir uns auf einem Spaziergang dem künstlich angelegten See entlang. Ein Bildhauer-Symposion hatte spannende Skulpturen am Uferweg zurückgelassen. Hierhin hatte es zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch die jungen Brücke-Künstler gezogen, wo sie ihre Modelle open-air und textilfrei malten.

Moritzburg

Weiter ging’s nach dem mittelalterlichen Meissen, der Wiege Sachsens, mit seinem eindrücklichen Burgberg, der „sächsischen Akropolis“, auf welchem sich Fürstensitz, Bischofskirche, Bischofspalatium (mit Gefängnis) und Domherrenhäuser hoch über der Elbe zusammendrängen. Das Ensemble wirkte wie aus einem romantischen Märchen, ebenso die kleinen Altstadtgassen, die mit reizvollen Geschäften voller Meissner Porzellan und noch viel anderem lockten.

Nachher besuchten wir die Porzellanmanufaktur, wo uns vordemonstriert wurde, mit welcher Sorgfalt und Können das kostbare Meissner Porzellan gefertigt wird.

Als krönender Abschluss dieses Tages und als Schlusspunkt unserer Reise erfolgte die Fahrt nach Radebeul zum Weinschloss Wackerbarth, dem Alterssitz eines Ministers Augusts des Starken von 1730.

Garten von Schloss Wackerbarth

Nach einem Abschiedscüpli in der lieblich gestalteten Gartenumgebung im Abendschein erhielten wir einen köstlichen Imbiss und rollten danach zufrieden elbaufwärts durch die schönen Gründerzeitstrassen zurück nach Dresden.Und schon galt es Abschied zu nehmen von lieb gewordenen Bekannten, denn ein Teil der Gruppe blieb noch in Dresden. Viele frohe Erinnerungen und berührende Eindrücken von einer zauberhaften Stadt mit liebenswerten Bewohnern haben gewiss alle im Gepäck mit nachhause genommen.

 

 

 

 

 

am letzten Tag in Moritzburg