Abenteuer überall

 

Ein Nachmittag liegt vor uns, der Himmel wird immer heller, und ein Spaziergang ins Blaue liegt nahe. Wir durchqueren das Leimental und erreichen über Therwil das Birstal, wo wir im Dorfkern von Aesch Richtung Klus fahren. Bei der Vorderen Klus, zwischen Pferdeweiden und Reben, lassen wir das Auto stehen und steigen durch die Weinberge nach oben. Ich erinnere aus früher Kindheit das „Steinkistengrab“, das wir mit den Eltern auf dieser Anhöhe des gmeiniwaldes schliesslich irgendwo im Gebüsch entdeckten. Wo genau das war, ist längst in der Erinnerung versunken. Wir werden sehen… Vorerst geniessen wir den herrlich leicht nach Erde, Holz und Grün duftenden Vorfrühlingstag und steigen dem Wäldchen entlang gemächlich immer höher. Plötzlich blitzt es blau zwischen den Büschen hervor: eine knallblaue Metallabschrankung schützt ein stattliches mit Steinplatten begrenztes und ausgelegtes Rechteck von der Grösse von zweieinhalb auf dreieinhalb Metern. Und eine Tafel erläutert, dass es sich dabei um ein jungsteinzeitliches Dolmengrab handelt. Man fand vor gut hundert Jahren die Überreste, vor allem Zähne, von gegen hundert Menschen innerhalb dieses Gevierts, das man sich mit einer mächtigen Steinplatte zugedeckt zu denken hat, möglicherweise unter einer Erdaufschüttung mit dem Durchmesser von etwa 25 Metern, die durch einen Kreis von Steinplatten begrenzt war. In New Grange in Irland findet sich das Bilderbuchbeispiel zu dieser Art Anlage. Wo befand sich wohl die dazugehörige Siedlung?

Auf einer Bank an der Sonne sitzt ganz in der Nähe ein Paar mit einem ungemein grossen goldfarbenen Hund, der uns freundlich beschnuppert, ein gemütlich wirkender Leonberger. Wir setzen unsern Spaziergang fort, begleitet vom Gezwitscher der Meisen und Buchfinken. Die locker stehenden Bäume im Wald bilden auf einmal eine weite festliche Halle mit mehreren Feuerplätzen. Wir hören Huftritte, ein Pferd wie aus einem Märchen erscheint, braun, mit mächtigen hellen Behängen an den Unterbeinen. Seine Reiterin erklärt uns, dass es sich um einen irischen Tinker, ein Zigeunerpferd, handelt.

Dabei nähern wir uns der Burg Tschäpperli aus dem 13. Jahrhundert, eine ausgedehnte, wenn auch sehr zerfallene Anlage. Der Ausblick von hier oben geht weit nach Norden hinüber, und von hier aus liess sich auch der Übergang des Blattenpasses zwischen Birs- und Birsigtal bestens kontrollieren. Um ein Haar lande ich zwischen Steinen und dicken Aststücken auf dem Boden, aber ich kann mich gerade noch fangen und komme mit einer Abschürfung davon.

Der Weg leitet unsere Schritte noch immer etwas höher, plötzlich zeichnet sich im Laub ganz deutlich ein steinerner Strassenkoffer ab. Wir folgen uralten Pfaden – sollte das gar eine Römerstrasse sein? So organisch wie sie angelegt ist, scheint das durchaus möglich, und ihr Verlauf, der zwischendurch durch eine moderne Wegstrecke zerstört wurde, findet sich nach einigen hundert Meter entlang einem Waldrand wieder bis zum Sattel und von dort aus weiter wieder abwärts. Keine Frage, es ist ein Verbindungsweg, den schon unzählige Menschen seit uralter Zeit begangen haben. Für Wagen scheint er allerdings weniger geeignet gewesen zu sein.

Von hier an geht es wieder abwärts mit uns. Wir haben die andere Talseite der Klus erreicht und hoffen am Ende des Spaziergangs auf einen Imbiss im Hinteren Klushof. Vorher führt unser Weg noch an einem geheimnisvollen eingezäunten Geviert am Abhang vorbei, in welchem sich mehrere romantisch angegammelte Holzbauten und einige Obstbäume befinden. Auch drei weitere Burgruinen könnten noch durchstiegen werden – nicht umsonst bilden sie einen Teil des Burgengratwegs – aber wir ziehen es vor, etwas ungeregelt durch den Wald abwärts dem Tal zuzustreben. Irgendwelche Grossereignisse werfen dort ihre Schatten voraus: grosse Rechtecke sind immer wieder abgegrenzt, und an verschiedenen Stellen wiederholt sich der Name einer japanischen Automarke. Mit dem Imbiss wird es hingegen nichts, da müssen wir ausserhalb der Winterzeit wieder vorbeischauen. Schade, der Blauburgunder hätte mir jetzt geschmeckt! Zum Trost findet er sich auch im nahen Pfeffingen, verbunden mit einem deftigen Cordonbleu, an dem wir uns nach dem Spaziergang stärken. Das dürfte es im Neolithikum noch nicht gegeben haben…